die Sicht des Phoenix
Erkenntnis der Woche: Ich habe ganz viel Abschied genommen dieses Jahr, ganz viel zuende gebracht, mit vielem abgeschlossen und mich neu definiert.
Meine Eltern dürfen jetzt endlich in meinem Kopf koexistieren, ohne daß sofort meine Synapsen implodieren, denn ich habe tatsächlich zwei Elternteile. Das war nicht immer so. Ich kann mich an einem Wochenende mit meiner Mutter treffen und am nächsten mit meinem Vater, ohne daß ich danach eine Woche krank und leidend im Bett liege und es mir schlecht geht. Beide dürfen so sein, wie sie sind, und ich darf ihnen gegenüber so sein, wie ich bin.
Ich kann mit meiner Mutter über ihre große Liebe reden und über meine große Liebe (den Miszter nämlich, tatsächlich, doch dazu an anderer Stelle mehr) und kann ihr sagen, daß es okay ist, wie es ist. Und es vor allem auch meinen und nicht nur aus Rücksichtnahme so tun, als ob.
Mein Vater kann mir sagen, daß er Angst hat, Panikattacken, und ich kann das akzeptieren. Und unheimlich stolz darauf sein, daß er mir schreibt, wie stolz er auf mich ist. Und auch ihm kann ich von der Trennung erzählen und über Liebe reden.
Und beide hören mir zu, nehmen mich ernst, jeder für sich und auf seine Art. Und mit jedem der beiden kann ich ein Stück meines Lebens teilen, mit jedem auf meine Art.
Ich habe eine Beziehung. Zu meinen Eltern. Eine konstruktive.
Ich hätte am Anfang der Therapie nicht gedacht, daß ich jemals so weit komme, aber hier bin ich: Die Welt ist so, wie sie ist. Sprich: Die Realität ist die Realität ist die Realität und ist nicht mehr übermäßig aufgeladen mit versteckter Bedeutung, unbewußten Motiven, unausgesprochenen Konflikten. Ich habe meine Welt gefunden, in der ich leben kann und in der nicht mehr atemlose Verzweiflung und Sehnsucht herrschen, sondern einfach nur Wirklichkeit und Naturgesetze und alltägliches Chaos und Beziehungen zu anderen Menschen.
Trash Town ist tatsächlich ein Palast geworden, aber kein marmorner mit güldenen Wasserhähnen, sondern mein Zuhause, mein blauer Salon. Phoenix City, erbaut in den letzten Jahren. Von mir ganz allein. Das habe ich geschafft. Und ich bin verdammt stolz auf mich.
Ich bin angekommen. Ich bin zuhause.
smiri - 9. Dez, 15:02
Das innere Zittern hat wieder begonnen. Klares Anzeichen für erneut erstarkende Depression, macht mich müde, gereizt, genervt und eben zittrig. Meine Haut ist dünner als gewöhnlich, Kleinigkeiten nerven mich und zwingen mich, meine Fäuste zu ballen, denn einfach ausrasten und draufschlagen geht nicht. Und meine eskapistischen Geschichten kommen wieder: Jahrelang habe ich mir in Zeiten der Bedrängnis (also eigentlich immer) vorgestellt, wie alles wäre, wenn... mir selber Märchen erzählt von einer Schönen Neuen Welt, wenn die echte Welt zu arg war. Dieser Geschichten habe ich lange nicht mehr bedurft, seit zwei Tagen tagträume ich wieder. Auch das ein Zeichen dafür, daß etwas nicht stimmt.
Fazit: Es wird Zeit. Zeit dafür, wieder Zeit zu haben und Zeit dafür, mir ganz viel Gutes zu tun und mich von Ballast zu befreien. Ich weiß, daß mich das letzte Jahr verdammt angestrengt hat. Eigentlich die letzten zwei bis drei Jahre. Und ich weiß, daß die Energiereserven leer sind. Es wird also Zeit, wieder Energie zu tanken, zur Ruhe zu kommen, mich zu besinnen auf Dinge, die mir wichtig sind und mich zu entstressen, mal ein bißchen zu verarbeiten, aufzuarbeiten. Zeit dafür, Zeit mit mir zu verbringen.
Gut ist, daß ich nicht verzweifelt bin, sondern realistisch depressiv, so seltsam sich das auch anhören mag. Ich nehme die Anzeichen ernst und versuche nicht, einfach weiterzumachen, ohne auf mich zu hören, sondern ich setze mich mehr oder weniger damit auseinander, schaffe Platz und Raum und höre genau hin, plane meine Auszeit und nehme sie mir, wo ich kann.
Alles wird gut, auch wenn es jetzt gerade einfach mal nur anstrengend ist.
smiri - 4. Dez, 18:00
In der Wohnung eines Schreiners ist alles aus Holz und selbst gebaut mit großen Schreinerhänden. Ist der Schreiner zusätzlich Professor, wird es erst richtig interessant. Das ist gut.
Zudem hat es dieses Wochenende geschneit. Und der Schnee ist liegengeblieben und hat alles weiß und still gemacht. Das beruhigt mich ungemein, auf weiße, stille Fläche zu schauen. Ich merke, daß ich ob des ganzen Stresses sehr schnell reizüberflutet bin. Auch wenn man nicht will, so wird man doch zugeknallt mit bunter, bewegter, blinkender Information, in jedem Moment ergießen sich Ströme von Nichtigkeiten in meine Augen. Wenn dann wenigstens Schnee liegt und die Geräusche ein wenig dämpft und dazu noch den Blick auf weiße, regungslose, informationsfreie Fläche erlaubt, dann kann mein Nervenkostüm ein wenig aufatmen.
Ich würde gerne detaillierter schreiben, wie es mir geht. Aber heute ist so ein Tag, da ich denke, ich behalte manches lieber für mich beziehungsweise für das persönliche Gespräch vor. Ich weiß nicht, ob der Pferdedieb hier mitliest, und ich fände es unschön, nach all dem, was er getan hat, hier mein Innerstes verfügbar und lesbar zu präsentieren. Das hier ist mein Revier und es steht unter Quarantäne: Nichts Wichtiges darf heraus, wer mich kennt und liebt, kann mich fragen. Alle anderen bleiben draußen. Fertig.
smiri - 24. Nov, 13:33
Gegen allen Frust, alle Verletzung dieser Welt sei hiermit empfohlen, Heinrich Heine zu lesen.
"Reisebilder", daraus den Teil über Italien.
Derzeitiges Lieblingszitat: "Die Natur wollte wissen, wie sie aussieht, und sie erschuf Goethe."
Und das, nachdem ich mich gerade stundenlang durch Goethes "Italienische Reise" gequält habe. Vor allem durch romantisch-verklärende Naturbeschreibungen (Berge. Täler. Seen. Meere. Noch mehr Berge. Ach ja, und ganz viele Pflanzen. Mannmannmann).
Danke, Heinrich: Selten so gelacht.
Außerdem bin ich vor lauter müde halb erforen, aber schlafen geht grad auch nicht. Kann auch am Kaffee liegen.
Und so dudelt das Internetradio und ich liege im Bett, halb begraben unter Decken, und kichere ab und zu vor mich hin und klebe gelbe Klebezettel in mein Buch.
Trotz allem.
smiri - 12. Nov, 03:54
Also...Provokation? Oder wie? Alles abgeschlossen, Deckel drauf, so tun, als hätte es mich bzw. uns nie gegeben? Man weiß es nicht.
Versteh ich nicht, reagier ich nicht drauf. Ich nehme es achselzuckend zur Kenntnis, weil mir dazu sonst nicht viel einfällt.
Seltsam, wieviel man über Menschen erfährt durch die Art, wie sie mit Trennungen umgehen...
Ich bin jedenfalls weiter fleißig am Lernen, mache Nachtschichten aus den Schlafstörungen und konzentriere mich auf das, was wichtig ist: Mein Leben, meine Zukunft.
Mein Chef hat mir bestätigt, daß mein Job an der Uni sicher ist, das ist großartig. Und in einer Woche habe ich erstmal Ruhe, das sind verdammt gute Aussichten, da freue ich mich drauf.
Und was 2008 noch so zu bieten hat in den letzten sieben Wochen, wird sich ja zeigen. 2009 wird auf jeden Fall toll, das hab ich im Gefühl wie selten zuvor: Smiri macht Karriere. Sowas Geiles...hihi.
smiri - 9. Nov, 21:18
In wenigen Stunden beginnt die Party, an der ich eigentlich teilnehmen sollte. Gerade jetzt, wenn es dunkel ist und still, merke ich, wie sehr das nagt, einfach so ersetzt worden zu sein. Ohne Nachdenken, ohne Bedauern. Einfach liegenlassen und weitergehen. Ich bin doch kein Wegwerfartikel, verdammt.
Und so wenig Fragen, kein Wie geht es Dir, Was machst Du gerade, einfach nur liegenlassen und schnell, schnell weitergehen. Nicht mehr hinsehen, die kommt ja alleine klar.
Klar komme ich das, auch alleine. Aber um Himmels Willen, wir hatten Träume und Phantasien und Wünsche, das kann man doch nicht einfach ignorieren, indem man das Gesicht austauscht, das man sieht? Anscheinend doch.
Jetzt merke ich erst so langsam, wie verletzt ich unter der Wut bin, wie verdammt enttäuscht, wie unglaublich angegriffen und desillusioniert. Wie wichtig ist Dir Treue? Sehr wichtig. Daß ich nicht lache. Nicht mal sich selbst, seinem wirklichen Selbst treu sein kann man, wenn man sich nicht mehr in die Augen sehen kann. Geschweige denn jemand anderem. Und kein Schuldbewußtsein. Was soll das?
Ich mache mich jetzt alleine auf, Pferde zu stehlen. Ich erobere mir eben alleine meinen Platz in dieser Welt. Kein Problem, tut weh, geht vorbei, geht weiter, völlig klar.
Aber so unbetrauert einfach abgeschoben zu werden, einfach zum lästigen Problem gemacht, weg damit, schnell weiter: Das geht doch nicht. Das kann einfach nicht funktionieren. Ist nicht mein Kopf, den ich mir hier zerbreche, ist aber trotzdem mein Problem. Und ich will nicht runtergerechnet, runterreduziert werden auf etwas, was ich nicht bin.
Alles sehr konfus, massiv schlechte Laune, Essen klappt im Moment überhaupt nicht, mein Magen krampft und meine Konzentration ist vor allem in der Wut und in der Trauer und in der Verletztheit und nicht bei meinen Büchern, wo sie sein sollte.
Morgen schön feiern, schön Party machen, Samstagabendgesicht aufsetzen, einfach so weitermachen, als wäre ich nie gewesen. Schön in das andere Gesicht, das Ersatzgesicht schauen und dort suchen, was in einem selber ist. Oder nie war.
Währenddessen erkämpfe ich mir ein Stück Welt, ein Stück mehr Lernstoff, ein Stück mehr Prüfung bestehen, einfach immer weiter vorwärts.
Zurück kann und will ich nicht mehr, das ist gut.
Sauer und traurig und wütend bin ich trotzdem, immer noch.
Vorwärts, einfach nur vorwärts: Das Bewußtsein verkauft nur einfache Fahrkarten.
smiri - 8. Nov, 03:23
Die Wut. Extra Spezial mit Schirmchen und Glitzergarnitur. Gut so, denn mit ihr kommt auch der Kampfgeist.
Ich will meine Prüfungen jetzt nicht versauen, trotz allem, was ist bzw. nicht mehr ist. Geht immer weiter, irgendwie. Auch wenn der Pferde
deppdieb mich verlassen hat und ich schon ersetzt bin, unzureichend.
Außerdem habe ich gestern abend im Kino mein neues männliches Ideal definiert:
Hellboy. Groß, stark, weiß, was er will.
Gibts bestimmt, so jemanden.
Da tun sich doch mal ganz neue Perpektiven auf, ganz still und leise.
smiri - 4. Nov, 10:39
Manchmal ist das echt ein blödes Gefühl, zutreffende Prognosen bezüglich des Verhaltens anderer Menschen abzugeben.
Aber wenigstens ein, zwei Wochen hättest Du nun wirklich noch warten können, Dich mit der Tang-Erna (ok, das Anagramm stimmt nur fast, aber es ist hübsch) einzulassen.
Und nicht nur...wieviel Tage? Zwei? Einen?
Pfts.
smiri - 1. Nov, 10:55
Mies behandelt werden und dann verlassen: Kennt man ja.
Alles auf Anfang, alles wieder nur Geschichte.
Gelernt habe ich: Vertraue niemandem. Und ich glaube, damit mache ich diesmal wirklich ernst: Ich lasse mir nicht mehr auf der Seele rumtrampeln, will nicht mehr Lehrer und Therapeut und Katalysator für die dunklen, schlechten Seiten anderer Leute sein, denen es nach der Beziehung mit mir immer super geht, weil sie so viel gelernt haben und endlich erlöst worden sind. Die Scheiße bleibt dann ja sicher bei mir, wo sie gehütet wird und gepflegt und man sich nicht mehr drum kümmern muß.
Schnauze voll davon: Ab jetzt nicht mehr.
Es tut grad einfach nur weh, aber mein Netzwerk fängt mich auf, Missy kommt vorbei, Leute rufen an und geben mir das Gefühl, wichtig zu sein.
Eat this, Pferdedieb: Ich bin wichtig. Und auch, wenn Du mich nicht liebst, es gibt Leute, die das tun, besser, als Du es je konntest.
(Ja, ich bin sauer, und ja, man erlaube mir diese kurze öffentliche Abrechnung mit dem Menschen, der mir bis vor einer halben Stunde das Liebste auf der Welt war. Das hier ist mein Revier, hier pinkel ich. Und zwar jedem ans Bein, der mir wehtut, weil ers nicht besser weiß.)
smiri - 27. Okt, 12:01